Fremdlinge im eigenen Haus

Fremdlinge im eigenen Haus

Texte von Friedrich Hölderlin und Heinrich von Kleist
Buch: Reiner Karl Müller

Uraufführung: 28. Januar 2006, WLB Esslingen
Inszenierung: Reiner Karl Müller
Ausstattung: Michaela Springer
Mit: Stefan Fent, Roman Hemetsberger

Pressestimmen:

Zornige junge Männer
Schwabe, der eine, der sich gegen die Laufbahn des Geistlichen verwahrte, die ihm zugedacht war. Preuße, der andere, der mit der Familientradition brach und sich angewidert vom Militär, dem „Monument der Tyrannei“  abwandte. Zwei Zeitgenossen, die einander nie begegneten. Zwei Dichter, die dem Licht entgegenstrebten und sich früh in den Schutz der Dunkelheit zurückzogen: Heinrich von Kleist, der 1811, 34-jährig, mit einem Pistolenschuss sein Lebenslicht auspustete. Und Friedrich Hölderlin, der die zweite „Hälfte des Lebens“ in geistiger Umnachtung zubrachte. Seines Geburtstags, dem 20. März 1770, gedachte seine Geburtstadt Lauffen mit einer Aufführung der Württembergischen Landesbühne im Museum, in einer szenischen Gegenüberstellung der beiden Dichterleben, die viele Parallelen aufweisen. Bewunderungswürdig gelingt dem Autor und Regisseur des Stücks Reiner Müller die Auswahl der Texte der Montage: Auszüge aus Briefen, aus Theaterstücken Kleists, aus Hölderlins Hyperion, aus Gedichten. Zwei Balkone auf der Bühne, durch eine dünne Wand getrennt, auf denen zwei idealistische, geniale, auffahrende Unruhegeister ihre Lebensentwürfe formulieren:  „Versucht es nicht, das Sonnenross zu lahmen und macht mich nicht den Knechten untertan!“: Kompromisslos, ihre Freiheitsliebe, ihre Forderung nach Selbstbestimmungsrecht, der mündigen Gestaltung des eigenen Lebensplanes. Und erbarmungslos die Indolenz ihrer Umgebung, ihre materielle Not, das Scheitern ihrer Liebesbeziehungen. Die Welt, der sie sich verweigerten, die ihrem Idealismus nicht genügte, nicht genügen konnte, verweigert sich am Ende ihnen. Immer kälter wird dem einen, in seiner „frostiger Nacht, in der sich die Orkane zanken“. Immer fieberhafter das dichterische Schaffen des anderen, der sich eine Tragödie nach der anderen „ von der Brust runterhustet“. Bis sich Kleist, am Morgen seines Todes, schließlich eingesteht: „Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.“ Während  Hölderlin endlich die Stille der Schattenwelt willkommen heißt, sich mit einem: „Einmal lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht“ bescheidend.
Eine Tour de Force, nicht nur für die beiden Darsteller Roman Hemetsberger und Stefan Fent. Intensiv, ihre Darstellung der inneren Unruhe der beiden „Fremdlinge im eigenen Haus“. Die, von körperlichen und seelischen Krämpfen geschüttelt, ihrer Nacht entgegen wanderten. Und sie mit einer Sprache erhellten, deren Schönheit noch lange in den Zuhörern nachhallt.
(Ulrike Maushake, Heilbronner Stimme, 21. März 2006)

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